Republik
Der Begriff der Republik hat einen weiteren und einen engeren Bedeutungsinhalt. Im engeren Sinne ist die Staatsform gemeint, die wiederum an der Institution des Staatsoberhaupts festgemacht wird. Die Republik bildet hier das Gegenbild zur Monarchie. Während dort das Staatsoberhaupt in der Regel qua Geburt durch Erbfolge ins Amt gelangt, bildet in den Republiken das gewählte Präsidentenamt die Spitze. Die Wahl, die durch eine parlamentarische Versammlung oder als direkte Volkswahl erfolgen kann, verknüpft das republikanische mit dem demokratischen Prinzip. Allerdings stellen auch die in Europa heute noch verbliebenen Monarchien allesamt Demokratien dar, weil sie die Staatsoberhäupter politisch entmachtet und auf rein zeremonielle Funktionen beschränkt haben. In den Republiken verfügen die Präsidenten dagegen kraft ihrer demokratischen Legitimation auch über politische Befugnisse, wobei die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Verfassungen sehr groß sein können. So steht zum Beispiel Frankreich für ein Regierungssystem mit machtvoll ausgestattetem Präsidentenamt, während in der Bundesrepublik die Kompetenzen des Staatsoberhaupts nach den schlechten Erfahrungen der Weimarer Verfassung stark beschnitten wurden (Bundespräsident).
Auffällig ist, dass das Grundgesetz den Begriff der Republik nirgendwo explizit erwähnt, sondern ihn ausschließlich im Staatsnamen selbst – Bundesrepublik Deutschland – anzeigt und dort mit dem bundesstaatlichen Prinzip verbindet (Föderalismus). Lediglich in Artikel 28, wo von den Grundsätzen des „republikanischen“ Rechtsstaates gesprochen wird, taucht er wörtlich auf. Hier ist ebenfalls das engere Begriffsverständnis gemeint, das heißt die Bindung der Länder an die republikanische Staatsform, die es ihnen verbietet, Monarchien (wieder)einzurichten.
In einem weiteren Sinne steht Republik für mehr als die Staatsform, nämlich für eine freiheitssichernde und dem Gemeinwohl verpflichtete politische Ordnung. So verstanden lässt sie sich mit dem Verfassungsstaat weitgehend gleichsetzen. In diesem umfassenderen Sinne haben zum Beispiel Kant und andere politische Denker den Begriff als Gegenbild zur Despotie benutzt. Auch Monarchien, die einen freiheitlichen Charakter annehmen, wären nach einem solchen Verständnis Republiken. Das Grundgesetz verwendet anstelle von Republik den Begriff der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ – so etwa in Artikel 21 Absatz 2. Das ist insofern misslich, als „demokratisch“ und „republikanisch“ nicht unbedingt deckungsgleich sind. Die Republik ist das allgemeinere, übergeordnete Prinzip, in welchem die freiheitlichen, demokratischen und sozialstaatlichen Elemente aufgehen. Das bedeutet zugleich, dass diese Elemente, die sich gegenseitig bedingen, aber auch in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, in eine vernünftige Balance gebracht werden müssen.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)