Kirche und Staat
Das Verhältnis von Kirche und Staat regelt das Grundgesetz einerseits im Grundrechtsteil (Artikel 4 und 7), andererseits in Artikel 140, der die sogenannten „Kirchenartikel“ der Weimarer Reichsverfassung vollständig übernimmt. Artikel 4 gewährleistet die Religionsfreiheit. Er ist Ausdruck der Offenheit des Staates gegenüber dem Pluralismus religiöser Überzeugungen und Weltanschauungen, die ihn zu entsprechender Neutralität, Gleichbehandlung und Toleranz verpflichtet. Artikel 7 bestimmt, dass niemand zur Teilnahme am Religionsunterricht gezwungen werden darf, der aber gleichzeitig als ordentliches Lehrfach zu gewährleisten sei.
Die aus der Weimarer Verfassung übernommenen Kirchenartikel verbieten eine „Staatskirche“, ohne eine strikte Trennung von Kirche und Staat zu verfügen. Neben der Gewährleistung des Religionsunterrichts bestehen Verschränkungen beispielsweise durch den Status der Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften, die Kirchensteuer, die Militärseelsorge und das Fach Theologie an staatlichen Hochschulen. Näher geregelt werden sie in Konkordaten (Katholische Kirche) und Kirchenverträgen, die der Staat mit den Religionsgemeinschaften schließt. Ein Kuriosum stellen die sogenannten Staatsleistungen dar, die als Entschädigung für das im Rahmen der Säkularisation 1803 enteignete Kircheneigentum bis heute weiterfließen. Ihre bereits in der Weimarer Republik vorgesehene Ablösung möchte die Ampelregierung jetzt in Angriff nehmen.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)