Länder

Als Länder werden in Deutschland (und Österreich) seit 1919 die Gliedstaaten des Bundesstaates bezeichnet (Föderalismus). Der in Wissenschaft und Publizistik stattdessen häufig bedeutungsgleich verwendete Begriff „Bundesland“ ist staatsrechtlich nicht korrekt, vermeidet aber Verwechslungsgefahr mit dem allgemeinen Begriff „Land“ (als Bezeichnung einer Nation oder des ländlichen Raums im Gegensatz zur Stadt). Im Kaiserreich wurden die Gliedstaaten „Bundesstaaten“ genannt, während der Begriff „Bundesstaat“ heute für die Gesamtheit von Bund und Ländern steht. Als eines der konstitutiven Staatsorganisationsprinzipien des Grundgesetzes neben Republik, Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat genießt die Bundesstaatlichkeit und mit ihr der Gliederung des Bundes in Länder Ewigkeitsrang.

Die Länder besitzen staatliche Qualität, sind aber nicht im völkerrechtlichen Sinne souverän. Darin unterscheidet sich der Bundesstaat vom Staatenbund oder vom Staatenverbund der Europäischen Union. In der Bundesrepublik liegen die Hauptaufgaben der Länder auf dem Gebiet der Verwaltung, nicht der Gesetzgebung. Auch hier verfügen die Gliedstaaten aber über ein starkes Gewicht, da sie durch den Bundesrat an der Ausübung der Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes und der Europäischen Union mitwirken. Inoffiziell häufig als „Länderkammer“ bezeichnet, handelt es sich beim Bundesrat formal um ein Vertretungsorgan der Länderregierungen.

Anders als die Vereinigten Staaten und die Schweiz, die als protypische Bundesstaaten schon vor der deutschen Reichsgründung entstanden waren, zeichneten sich sowohl das Kaiserreich als auch die Weimarer Republik durch eine hochgradig asymmetrische Struktur des Föderalismus aus, indem etwa zwei Drittel der Bevölkerung und Fläche des Reiches auf einen einzelnen Gliedstaat – Preußen – entfielen. Diese Schieflage konnte mit Entstehung der Bundesrepublik beseitigt werden. Sie wurde aus vier größeren (Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen), drei mittelgroßen (Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein) und vier kleinen Ländern (Berlin, Hamburg, Saarland, Bremen) gebildet, wobei das aus den drei alliierten Westzonen zusammengesetzte Land Berlin (Hauptstadt) bis zur Wiedervereinigung einen Sonderstatus besaß (Deutsche Einheit). Mit dem Beitritt der wieder konstituierten ostdeutschen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zur Bundesrepublik wurde die Einheit am 3. Oktober 1990 förmlich vollzogen und der Kreis der mittelgroßen Länder damit von drei auf acht erweitert.

Der bis heute gepflegte Sprachgebrauch „alte“ versus „neue Länder“ ist insofern unglücklich, als die letzteren auf eine längere historische Kontinuität zurückblicken können als die meisten Länder der „Altbundesrepublik“. Unter diesen befanden sich mit Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gleich mehrere „Bindestrich-Länder“, die durch die Zusammenlegung landsmannschaftlich getrennter Gebiete nach 1945 künstlich neu geschaffen wurden. Weil es auch in diesen Ländern gelungen ist, die unterschiedlichen regionalen Identitäten in ein gemeinsames Landesbewusstsein zu überführen, sind Überlegungen für eine territoriale Neugliederung der Bundesrepublik heute weitgehend obsolet.

Artikel 29 des Grundgesetzes sieht die Möglichkeit einer Neugliederung des Bundesgebietes vor. Sie muss von den betroffenen Ländern in einem Volksentscheid bestätigt werden (Volksabstimmungen). Zur Anwendung gelangte der entsprechende Grundgesetz-Artikel 29 bisher zweimal: bei der Vereinigung der 1945 und 1946 gebildeten Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden zum neuen „Südweststaat“ Baden-Württemberg im Jahre 1952 und bei der beabsichtigten Fusion von Berlin und Brandenburg, die 1996 an der fehlenden Zustimmung der Brandenburger scheiterte. Planspiele für eine größer angelegte Neugliederung, sei es des gesamten Bundesgebietes oder zumindest der nördlichen Länder, hatte es in der alten Bundesrepublik schon seit den 1970er Jahren gegeben. Das Vorhaben erschien gerade mit Blick auf die Stadtstaaten sinnvoll, deren Grenzen zusammenhängende Wirtschaftsräume durchschneiden. Die Pläne wurden aber politisch nie mit Nachdruck verfolgt und blieben deshalb ohne Verwirklichungschance. Stattdessen haben die Länder versucht, die grenzüberschreitenden Koordinationsprobleme durch eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Verhandlungsweg zu lösen.

© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)

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