Abstimmungsarten im Bundestag
Der Deutsche Bundestag kennt drei Arten von Abstimmungen: offene, namentliche und geheime. Bei offenen Abstimmungen wird per Handzeichen oder durch Aufstehen/Sitzenbleiben abgestimmt, ohne das Verhalten der einzelnen Abgeordneten festzuhalten. Voraussetzung dafür ist die Beschlussfähigkeit, die die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Abgeordneten verlangt. Um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu gewährleisten, wird die Beschlussfähigkeit aber auch bei weniger Anwesenden angenommen, sofern nicht eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten widersprechen und die Beschlussunfähigkeit feststellen lassen. Ist das Ergebnis der Abstimmung unklar, kann der Sitzungsvorstand einen sogenannten „Hammelsprung“ anordnen. Die Abgeordneten verlassen dann komplett den Plenarsaal und betreten ihn nach Eröffnung des Zählvorgangs erneut durch eine der drei mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ gekennzeichneten Türen. Dieses Verfahren geht auf die Geschäftsordnung des Kaiserlichen Reichstages von 1874 zurück.
Die zeitaufwändigeren namentlichen Abstimmungen können von einer Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten beantragt werden; hier wird das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen erfasst. Geheime Abstimmungen (mit „verdeckten“ Stimmzetteln) sind bei allen Personenwahlen, also etwa der Wahl der Präsidiumsmitglieder und des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin vorgeschrieben, während über alles andere grundsätzlich offen abgestimmt wird.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)