Freie Demokratische Partei (FDP)
Mit der Gründung der FDP wurde 1948 der Versuch unternommen, die Spaltung des deutschen Liberalismus in einen nationalliberalen und fortschrittlichen (linksliberalen) Teil zu überwinden. Bis Mitte der 1960er-Jahre dominierte eine gemäßigte nationalliberale Linie. Die FDP regierte während dieser Zeit überwiegend in "bürgerlichen“ Koalitionen mit CDU und CSU. Die 1969 eingeleitete sozialliberale Ära führte zu einer strategischen und programmatischen Neuausrichtung. Letztere erstreckte sich neben der Ost- und Deutschlandpolitik vor allem auf die Bildungspolitik. Die Hinwendung zum Sozialliberalismus blieb jedoch weitgehend Rhetorik und setzte sich als Mehrheitsströmung nicht durch.
Mit der Bonner Wende 1982, als die Liberalen erneut an die Seite der Union wechselten, verschoben sich die Gewichte zum Wirtschaftsliberalismus. Gleichzeitig verstanden sie sich als Bürgerrechtspartei, die in der Justiz- und Innenpolitik eine Korrektivfunktion gegenüber der Union einnahm. Unter der Führung von Guido Westerwelle versuchte die FDP ihre Wähleransprache zu popularisieren. Im Einklang mit dem Zeitgeist verschrieb sie sich jetzt einer noch stärker marktliberal geprägten Agenda. Mit ihrem bis dahin besten Bundestagswahlergebnis 2009 an die Regierung zurückgekehrt, folgte anschließend ein jäher Absturz weil die FDP die von ihr versprochenen Steuersenkungen nicht durchsetzen konnte.
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 nutzte der neue Vorsitzende Christian Lindner Vorsitzende die Durststrecke für behutsame inhaltliche und organisatorische Veränderungen, die die FDP 2017 zu alter Stärke zurückführten. Dass sie die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung ausschlug und die Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis platzen ließ, bereute sie schon bald als Fehler. Die Bildung der Ampelkoalition mit SPD und Bündnis 90 / Die Grünen machte dies vier Jahre später wieder wett – nachdem man auf einen Sieg der Union gesetzt hatte, allerdings unter anderen Vorzeichen als erhofft.
Organisatorisch wirken bei der FDP bis heute Elemente einer Honoratiorenpartei nach. Traditionell eher mitgliederschwach, konnte sie seit den 2000er Jahren viele junge Mitglieder hinzugewinnen. Der Frauenanteil bleibt mit knapp 20 Prozent aber weiter niedrig und bestätigt das auch in den Führungsgremien und Fraktionen anzutreffende Bild einer männerdominierten Partei.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)