Christlich Soziale Union in Bayern (CSU)
Die CSU hat eine Ausnahmestellung im deutschen Parteiensystem. Einerseits handelt es sich um eine Regionalpartei, die bei Wahlen nur in Bayern antritt. Andererseits bildet sie im Deutschen Bundestag mit der CDU eine gemeinsame Fraktion und stellt damit genauso wie diese eine Bundespartei dar. Die dominante Position der CSU in Bayern ist auch eine Folge dieser Doppelrolle. Sie wurde durch die organisatorische Schlagkraft sowie die Qualität und Kontinuität ihres Führungspersonals verstärkt, das sie in unterschiedlichen Konstellationen – mal blieben Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt getrennt, mal wurden sie verbunden – hervorgebracht hat.
Ihre erfolgreichste Zeit hatte die CSU unter Alfons Goppel und Franz Josef Strauß in den 1970er-Jahren und in der Ära Stoiber (1993 bis 2007), als sie bei den Wahlen in Bayern Ergebnisse von zum Teil deutlich über 50 Prozent einfuhr. Von 1966 bis 2008 und 2013 bis 2018 konnte sie den Freistaat allein regieren. 2008 war sie erstmals auf die FDP als Koalitionspartner angewiesen; seit 2018 regiert sie zusammen mit den Freien Wählern.
Verfolgte die Partei unter Straußens Führung eine auch gegenüber der CDU eigene bundespolitische Agenda, zeichnete sich unter seinen Nachfolgern eine stärkere Tendenz ab, die Rolle im Bund dem Erfolg auf Landesebene unterzuordnen. Wie die heftigen Auseinandersetzungen um die Flüchtlingspolitik seit 2015 zeigten, nahmen die Konflikte mit der Schwesterpartei dadurch eher zu. Sie kulminierten 2021 in dem gescheiterten Griff Markus Söders nach der Kanzlerkandidatur. Dies kostete die CSU auch in Bayern Zustimmung und machte ihre Mobilisierungsprobleme in der Konkurrenz mit den Freien Wählern und den erstarkenden Grünen sichtbar. Dennoch scheint ihr Alleinstellungsmerkmal als „letzte verbliebene Volkspartei“ in der bundesdeutschen Parteienlandschaft einstweilen noch nicht gefährdet.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)