Montagsdemonstrationen
Von Friedensgebeten zu Demonstrationen
Bereits seit 1982 trafen sich Menschen jeden Montag in der Leipziger Nikolaikirche zu Friedensgebeten. Wöchentliche Friedensgebete gab es zu dieser Zeit bereits in einigen Städten der DDR, die zu den wenigen Gelegenheiten gehörten, bei denen Menschen ihren Unmut über die Zustände in der DDR aussprechen konnten. Nach einem Friedensgebet am 4. September 1989 versammelten sich etwa 1.000 Menschen auf dem Leipziger Nikolaikirchhof zu einer Kundgebung, auf der sie grundlegende Menschenrechte einforderten. Manche, die aus der DDR ausreisen wollten, riefen: „Wir wollen raus!“ Vor Journalisten aus der Bundesrepublik, die anlässlich der Leipziger Messe vor Ort waren, gingen Geheimdienstleute gegen die Demonstranten vor.
In den Folgewochen versammelten sich mehr und mehr Menschen, obwohl viele eine gewalttätige Niederschlagung der Proteste fürchteten. Am 2. Oktober waren es bereits 20.000 Demonstranten, am 9. Oktober 70.000, am 16. Oktober mehr als 100.000, am 23. Oktober 250.000 und am 30. Oktober 300.000. In Sprechchören riefen sie: "Wir sind das Volk" und „Keine Gewalt". Im Mittelpunkt der friedlichen Proteste standen die Forderungen nach demokratischen Reformen. Auch in anderen Städten wie Dresden, Halle/Saale, Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz) oder Plauen begannen die Demonstrationen mit einer rasch anwachsenden Zahl an Teilnehmenden. Am 4. November 1989 versammeln sich 500.000 Menschen zur größten systemkritischen Demonstration in der Geschichte der DDR.
Der Ruf nach Wiedervereinigung
Im Laufe der Zeit kam zu den Forderungen nach einem demokratischen Wandel auch der Ruf nach einer Vereinigung beider deutscher Staaten. So wurde aus der freiheitlichen Parole "Wir sind das Volk“, mit dem sich die Demonstrierenden gegen die Staatsmacht auflehnten, die nationale Losung "Wir sind ein Volk“. Wohl erstmalig am 20. November 1989 war dann bei einer Montagsdemonstration auf Transparenten zu lesen: "Deutschland – einig Vaterland“
Um ihre Macht zu retten, rang sich die Staatsführung schließlich zu Reformankündigungen durch. Die Friedliche Revolution war jedoch nicht mehr zu stoppen. Die Leipziger Montagsdemonstrationen endeten am 12. März 1990, kurz vor den ersten und einzigen freien Volkskammerwahlen der DDR. Ihre wichtigsten Ziele – demokratische Reformen und freie Wahlen – hatten die Demonstrierenden erreicht.
© Dr. Lars Lüdicke (Deutsche Gesellschaft e. V.)